Liquid Views
- Künstler:in / Künstlergruppe
Monika Fleischmann, Wolfgang Strauss mit Christian-A. Bohn
- Titel
- Liquid Views
- Jahr
- 1992
- Kategorie
- Computerbasiert
- Installation
- Material / Technik
Interaktive Installation; Touchscreen, Computer: PC, Betriebssystem Windows XP, Individualsoftware, Lautsprecher, Kamera, Projektionsfläche
Originale ersetzte Hardware: SGI Onyx Reality Engine 2
- Maße / Dauer
- Installationsmaß variabel
- Sammlung
ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe
- Beschreibung
»Liquid Views« von Monika Fleischmann und Wolfgang Strauss, entstanden im Jahr 1992 unter Mitarbeit von Christian A. Bohn, ist eine interaktive Medieninstallation. Sie verwendet einen Monitor mit Touchscreen-Technologie und Kamera, um eine eine Wasseroberfläche zu simulieren, in der sich die Betrachter:innen spiegeln, wenn sie sich über den Monitor beugen. Bei Berührung des Touchscreens entstehen virtuelle Wasserwellen und -geräusche. Die Intensität der Berührung beeinflusst die Verzerrung des Spiegelbildes, während sich die Oberfläche nach einer Phase der Inaktivität wieder beruhigt und das ursprüngliche Bild erneut sichtbar wird.
Die Installation greift den Mythos von Narziss auf, der sein Spiegelbild auf der Wasseroberfläche einer Quelle erblickt und sich in sein eigenes Antlitz verliebt. Als seine Tränen ins Wasser fallen, verschwindet das Bild und Narziss erkennt seinen Irrtum. Er stirbt an unerfüllter Liebe. Anders als im Mythos verwandelt »Liquid Views« die einsame Auseinandersetzung mit dem eigenen Abbild in ein öffentliches Ereignis: Die Spiegelung auf der Wasseroberfläche wird zusätzlich auf eine großformatige Projektionsfläche übertragen. Der persönliche Moment der Selbstreflexion wird so zu einer von anderen beobachtbare Handlung.
»Liquid Views« thematisiert die zunehmende Verschmelzung von realem und virtuellem Raum sowie die sich wandelnde Grenze zwischen Privatheit und Öffentlichkeit. Das Werk macht auf die Bedingungen aufmerksam, unter denen das Selbst in digitalen Umgebungen erlebt wird und verdeutlicht die Auswirkungen dieser technologischen Transformation auf die Identitätsbildung.
Das Werk verweist auch auf die Ambivalenz zwischen menschlicher Kontrolle und der Autonomie komplexer natürlicher und technischer Systeme. Die Wasseroberfläche – ein Symbol für die Natur – kann manipuliert werden, bleibt aber letztlich unkontrollierbar. Übermäßige Eingriffe durch den/die Betrachter:in führen zu einem Zustand des Kontrollverlusts, der Zeit zur Stabilisierung benötigt. Diese Dynamik verdeutlicht das komplexe Verhältnis von Mensch und Umwelt.
Die technische Umsetzung beruht auf der damals innovativen Kombination eines Touchscreens mit einer SGI Reality Engine – einer spezialisierten 3D-Grafikhardware, die Wasserwellen in Echtzeit simulieren konnte – sowie mit einer Videokamera, deren Aufnahmen in Echtzeit in die Simulation eingefügt wurden. Diese frühe Nutzung von Echtzeit-Rendering und Texture-Mapping setzte vor über 30 Jahren Maßstäbe in der Entwicklung interaktiver Medienkunst.
Produzent: Gruppe VISWIZ (Visualization and Media Systems Design) / GMD Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung, St. Augustin, Deutschland