Blick in die Ausstellung
DIA-LOGOS. Ramon Llull und die Kunst des Kombinierens
Das »Breviculum ex artibus Raimundi Lulli « ist die wohl bekannteste Handschrift zu Ramon Llull. Es enthält die kürzeste von drei Kompilationen der Grundideen Llulls. Verfasst hat sie Llulls Schüler Thomas Le Myésier (? – 1336), der sie der französischen Königin Johanna von Burgund als Geschenk überreichte. Das Breviculum ist vor allem wegen seiner zwölf großen Miniaturen bekannt, die Szenen aus Ramon Llulls Leben darstellen. Da die Handschrift kurz nach dem Tod Llulls unter der unmittelbaren Aufsicht seines Schülers in Nordfrankreich entstanden sein muss, kann man vermuten, dass die Darstellungen seinem realen Aussehen zumindest nahekommen. Das macht die Bilder so wertvoll, denn naturgetreue Porträts waren im Mittelalter selten.
Die Handschrift selbst hat eine bewegte Geschichte. Zunächst noch in Paris, befand sie sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts im westfranzösischen Poitiers im Besitz eines Domherrn an der Kathedrale St. Pierre. Er vererbte sie 1582 seinen beiden Neffen; was dann mit ihr geschah, ist ungewiss. 1736 kaufte Ulrich Bürgi, Abt des Benediktinerklosters St. Peter auf dem Schwarzwald, sie vom Freiburger Juristen Joseph Anton Weigel. Als das Kloster 1806/1807 säkularisiert wurde, brachte man die Handschrift mit vielen weiteren Schätzen der Klosterbibliothek in die Hofbibliothek des Großherzogs von Baden in Karlsruhe. Diese Handschriften verwahrt heute die Badische Landesbibliothek als ihre direkte Nachfolgerin.
Ramon Llulls »Ars brevis« (Pisa, 1308) ist eine Kurzfassung der im gleichen Jahr verfassten »Ars generalis ultima«, in der er die Grundlagen seiner kombinatorischen Methode der absoluten und relativen Prinzipien mit Hilfe von geometrischen Figuren und algebraischer Notation (Buchstaben) darlegt. Dieses Werk fand in lateinischer Sprache eine weite Verbreitung. Bekannt sind außerdem eine hebräische (1476) und eine arabische Fassung (1682), was einen Eindruck davon vermittelt, wie weit Llulls Werk über die Grenzen der Religionen hinweg wahrgenommen wurde. In unseren Zeiten, in denen der religiöse Irrationalismus wieder erstarkt, ist es eine bedeutsame symbolische Geste, die in den drei Sprachen der abrahamitischen Religionen verfassten Manuskripte gemeinsam auszustellen. Sie erinnern an die Utopie Llulls, den Anderen im Dialog anzuerkennen. Er war der Überrzeugung, dass das gegenseitige Verständnis zwischen Juden, Christen und Muslime nicht auf den offenbarten Schriften der jeweiligen Religion (Tora, christliche Bibel und Koran) beruhen könnte, sondern auf einer universellen Grammatik der Namen Gottes, die als gemeinsame Grundlage der drei Religionen die rationalen Prinzipien einer »ars combinatoria« bildeten.
Der Philosoph und Kardinal Nicolaus Cusanus (1401–1464) transkribierte in seiner Jugend eigenhändig wichtige Exzerpte aus Llulls Werk und verfügte über eine Sammlung von zehn Kodizes mit siebzig von dessen Werken. Damit war Llull der meistvertretene Philosoph in Cusanus’ reichhaltiger Privatbibliothek im Kueser Hospital, einer Sammlung, die zahlreiche Werke der Philosophie, Theologie, Rechtswissenschaft, Geschichte, Mathematik, Astronomie, Astrologie und Alchemie umfasste. Cusanus war vermutlich in seiner Jugend während seines kirchenrechtlichen Studiums an der Universität von Padua mit Llulls Ideen in Berührung gekommen. In den sechs Jahren, die er in der Stadt verbrachte, entdeckte er die byzantinische Kultur, die neue Mathematik und die Quellen des venezianischen Humanismus. Der intellektuelle Rahmen, den Cusanus dort vorfand, war im Gegensatz zu seinem scholastisch geprägten Heidelberger Studium von einem dynamischen Realitätsverständnis nach dem Vorbild Llulls gekennzeichnet. Charles Lohr, der ehemalige Direktor des Raimundus-Lullus-Instituts der Universität Freiburg, beobachtete hierzu: »Die Verbindung der venezianischen Vision der Menschenwürde mit Llulls Metaphysik hat eine Revolution in der Geschichte der Philosophie bewirkt.«
Diese Skulptur führt uns in eine Struktur hinein, die eine Rechenmaschine sein könnte, in einen labyrinthisch verzweigten Raum, dessen Bestandteile jedoch nach klaren Ordnungsprinzipien symmetrisch und ausgewogen angeordnet sind. Die aus Holzstäben, Ketten und Bleigewichten bestehende Konstruktion ist als »umgekehrte« Maschine, bei der das Innere nach außen gestülpt wurde, konzipiert. In ihrer Funktionsweise ahmt sie die Logik neuronaler Netze nach. Durch ihre geometrische Struktur, die ringsum einsehbar ist, ergibt sich der Eindruck, als habe sie die Grenze überschritten, die das Innere vom Äußeren trennt. Dennoch bleibt die innere Logik, nach der die Maschine arbeitet, im Verborgenen und die Illusion einer Durchlässigkeit wird wieder zunichtegemacht.
Der Württemberger Philipp Matthäus Hahn (1739–1790) stammte aus Kornwestheim bei Ludwigsburg. Er war Pfarrer und befasste sich in seiner Freizeit intensiv mit der Feinmechanik. Auf der Basis seines Studiums der Rechenmaschinen von Jakob Leupold (1674–1727), der 1727 in Leipzig auch die erste Geschichte der Rechenmaschinen veröffentlichte, baute er in den 1770er-Jahren filigrane Apparate aus Messing, die mit zwei Mal 12 kreisrunden Zifferblättern aus Email mit einem zentralen manuellen Umschaltantrieb arbeiteten. Zusammen mit dem ebenfalls aus Württemberg stammenden Antonius Braun (1686–1728), der ähnliche Maschinen baute, begründete er jene feinmechanische Präzisionsmanufaktur, die in der IT-Firmen-Kultur des Landes heute ihre Entsprechungen hat. Hahns Ästhetisch anspruchsvolle Artefakte sollten weniger bei Kaufleuten oder frühen Statistikern ihre Anwendung finden. Als Gottesmaschinen der besonderen Art sollten sie den eleganten Beweis für die These liefern, dass die Welt wie ein großes Zählwerk, wie eine mechanische Uhr funktioniert.
Der deutsche Philosoph und Mathematiker Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) verfasste1666 die Abhandlung »Dissertatio de arte combinatoria«, die sich mit der Kombinationskunst Llulls systematisch auseinandersetzt. Im Rahmen seiner Idee einer Universalwissenschaft für alles Lernbare und einer »lingua universalis« entwickelte Leibniz ab 1672 eine Rechenmaschine, welche erstmals die vier Grundrechenarten automatisch ausführen konnte (Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division) und als historischer Meilenstein in der Entwicklungsgeschichte mechanischer Rechenmaschinen gilt. Mit dem von Leibniz entwickelten Funktionsprinzip, das auch als Staffelwalze oder Leibniz-Rad bekannt ist, konnten Multiplikationen mechanisch ausgeführt werden. Über 200 Jahre lang blieb es ein unverzichtbarer Bestandteil mechanischer Rechenmaschinen. Gezeigt wird hier ein funktionstüchtiger Nachbau des einzig erhaltenen Originals, das sich in der Niedersächsischen Landesbibliothek in Hannover befindet. Angefertigt wurde die Replik nach Plänen von Nikolaus Joachim Lehmann.
Mit seinem Entwurf für ein »Virtual House« von 1997 hatte der Architekt und Künstler Daniel Libeskind kein technologisch hochgerüstetes Refugium der Zukunft im Sinn, das auf den damaligen Hype um die »neuen Medien« Cyberspace und Virtual Reality reagieren sollte. Der Begriff der Virtualität wurde von Libeskind wesentlich breiter begriffen, nämlich als eine Sphäre des Möglichen. Entsprechend untersucht der Entwurf keine statische Form, sondern eine dynamische Konfiguration, bei dem es um die Erfahrung in einem bestimmten Moment geht. Und auch wenn das physische Modell des Hauses einen Moment in der Zeit materiell festhalten muss, stellte Libeskind klar: »Das Modell zeigt, was man zu einem bestimmten Zeitpunkt sehen kann; allerdings gibt es den bestimmten Zeitpunkt nicht. [...] Es kann kein singuläres virtuelles Haus geben. Der einzelne Fall ist lediglich ein Ausdruck des aktuellen Moments im Virtuellen.«
Vertraut mit Schriften Ramon Llulls und Giordano Brunos (1548–1600), der als Astronom und Philosoph von der Unendlichkeit und Ewigkeit des Universums ausging, machte Libeskind ein kombinatorisches, offenes Prinzip zur strukturellen Grundlage des »Virtual House«. Dessen zylindrischer Mechanismus sollte aus 365 kinetischen Ringen bestehen, die auf die 365 Tage des Jahres verweisen — jeder Tag als Möglichkeit neuer Entscheidungen— und die sich permanent in beide Richtungen um die eigene Achse drehen. Die kombinatorischen Möglichkeiten der Ringe repräsentieren in ihrer Gesamtheit jede mögliche Form, jede mögliche Konfiguration des Hauses, ohne sie je zu materialisieren.
Philipp Goldbach, »Ars Generalis Ultima (R. Lullus)«, »Ars Signorum (G. Dalgarno)«, »Lettre à Marin Mersenne (R. Descartes)«, »Polygraphia nova et universalis ex combinatoria arte detecta (A. Kircher)«, aus der Serie »Read Only Memory«, 2016
Philipp Goldbachs »Read Only Memory« (ROM) thematisiert einige der praktisch-materiellen wie theoriegeschichtlichen Voraussetzungen digitaler Speichertechnologie. Die elektrische Leitfähigkeit von Metallen, das Verfahren binärer Codierung mittels positiverund negativer Ladungszustände und die Theorie künstlicher Idealsprachen werden in seiner Serie vollständig von Hand gefertigter Speicherplatinen zusammengebracht.
Goldbach hat jeweils ein Leiterbahnen-Gitter aus doppelseitig kupferbeschichteten Platten herausgeätzt, es an den Kreuzungspunkten durchbohrt und mit 8000 bis 9000 beidseitig angelöteten Dioden verbunden. Bit für Bit, in Schaltzuständen von 0 und 1, sind auf diese Weise Passagen historischer Texte encodiert, in denen Ideen und Ansätze zu einer »lingua universalis« entwickeln werden. Die im 17. Jahrhundert intensiv geführte Diskussion um eine Universal- oder Plansprache, die die babylonische Sprachverwirrung aufheben, Völker versöhnen und Ungläubige bekehren würde, kann in ihren logisch-mathematischen Formulierungen als konzeptueller Vorläufer digitaler Maschinensprachen gelten. Llulls Ars Generalis Ultima ist der früheste von Goldbach innerhalb der Serie verarbeitete Text. Zugleich ist dieses Werk für die Denker des Barock sowie für die heutige Computertechnologie besonders ergiebig, da Llulls »logische Maschine« erstmals eine »Hardware« und »Software« bereitstellt.
Anknüpfend an die literarische Bewegung »OuLiPo – Werkstatt für potentielle Literatur« ermöglicht diese interaktive Installation den BesucherInnen, das dichterische Werk des aus Singapur stammenden, herausragenden Lyrikers Edwin Thumboo neu zusammenzustellen.
In einer vielstimmigen Rezitation werden 27 seiner bekanntesten Gedichte neu gedeutet: Über die De- und Rekonstruktion der Ausgangstexte entfalten sich in der konkreten Aufführung fortwährend neue Bedeutungslinien.
Angeordnet wie bei einer Uhr ist in einer Rundprojektion, die einen Durchmesser von zwei Metern hat, 27 Mal die Gestalt des Dichters zu sehen. Mithilfe eines Drehknopfes können die BesucherInnen einen weißen Punkt über den Projektionskreis gleiten lassen. Wählen sie ein beliebiges Abbild des Dichters aus, so beginnt dieses mit dem Vortrag jeweils eines bestimmten Gedichtes, der so lange andauert, bis ein anderes Abbild ausgewählt wird. Wird der Punkt zu einer anderen Figur bewegt, wird der aktuelle Vortrag unterbrochen und mit einem anderen Gedicht beziehungsweise einer anderen Rezitation fortgesetzt. Die sich daraus ergebende kunstvolle Offenheit des Gedichtvortrags (wobei die Werke auch in Textform in der Mitte der Projektionsfläche sichtbar sind) lässt aus Thumboos Werk ein neues poetisches Gebilde entstehen, das sich durch die Unendlichkeit der Kombinationsmöglichkeiten auszeichnet.
Die für diese Ausstellung realisierte Arbeit stammt von einem Künstler, der mit Ramon Llulls Werk gut vertraut ist. David Links Forschungsarbeit zu generativen Systemen und computergenerierten Texten findet seit Jahren auch in Form künstlerischer Installationen ihren Ausdruck. Bei »Meditationes«, im Titel an Ren. Descartes (1596–1650) und seine kritische Auseinandersetzung mit Llull erinnernd, handelt es sich um ein animiertes E-Book, das fortlaufend geschrieben wird. Während man die beiden Seiten, die aufgeschlagen sind, liest, werden die nächsten beiden generiert. Die Arbeit präsentiert fortlaufende Betrachtungen zu den zentralen Ideen der Llull’schen »Ars magna«, so etwa zu den »absoluten Prinzipien« (Figur A) und den »relativen Prinzipien« (Figur T) sowie auch zu den Listen der Tugenden und Laster. Die Software, die der Arbeit zugrunde liegt, sucht fortwährend im Internet nach diesen Konzepten und macht so sichtbar, was Menschen heute über diese Ideen denken. Im Textfluss gibt es keine Wiederholungen und es werden ununterbrochen neue Bedeutungszusammenhänge hergestellt. Dies führt dazu, dass die Konzepte immer inhaltsleerer werden und dass die Bedeutung jeder beliebigen Begrifflichkeit scheinbar jederzeit aufgehoben werden kann.
Yunchul Kim verbindet auf faszinierende Art und Weise, materiologische, elektronische und mathematisch-algorithmische Aspekte unserer Realität. Er demonstriert zeitgenössische alchemistische Praxis auf höchstem Niveau. In den letzten Jahren hat Kim in pataphysikalischer Tradition eine Reihe komplexer Artefakte gebaut, die heterogene Materialien wie Flüssigkeiten, Farben, Chemikalien oder verschiedene Metalle in einer poetischen Dynamik miteinander kombiniert. Der Titel der Installation, »Flare«, bezeichnet unmittelbar die sichtbare flammende Gaslösung in dem Glaskolben; zugleich spielt die Arbeit auf die schwer durchschaubare und zugleich einflussreiche Lobby-Arbeit an,die »Flare Solutions Ltd.« für die weltweite Öl- und Gasindustrie leistet. Der koreanische Künstler ist zur Zeit als künstlerischer Forscher innerhalb des Projekts »Liquid Things« an der Universität für Angewandte Kunst in Wien tätig.
In seiner Autobiografie »Vita coaetanea« (Paris, 1311) beschreibt Ramon Llull, wie er eine Woche auf dem Berg Randa auf Mallorca in tiefer Kontemplation verbrachte. Den Blick gen Himmel gerichtet, erfuhr er in einer kosmischen Vision, wie genau er das Buch aller Bücher zur Bekehrung der Andersgläubigen zum Christentum schreiben sollte.
Die Lichträume des Künstlers Otto Piene (1928–2014), in dessen Schaffen sich Kunst, Wissenschaft und Technik verbinden, offenbaren eine ähnliche Erfahrung kosmischer Verbundenheit, Eingebung und Kontemplation. Das Licht wird hier in seiner dynamischen und den Betrachtenden umfassenden Qualität erlebbar, wenn es sich schwebend durch den Raum bewegt. Für Piene selbst ist an diesen Räumen das Wesentliche die Stille – eine Stille, die das Bewusstsein für ein elementares und universales Erleben des Lichtes sensibilisiert und öffnet. Dahinter steckt, ähnlich wie bei Llull, der Gedanke eines friedvollen menschlichen Miteinanders, den Piene den schrecklichen Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges entgegenstellt. Fasziniert von der Idee, Licht zu malen, träumt er von Lichtapparaten, die mit Lichtvisionen leere Räume füllen. Licht, moderne Technik und Wissenschaft werden so zum Träger einer Utopie für eine Gesellschaft, die nach dem Trauma des Krieges vor einem kompletten Neuanfang steht.
Um 1948, nach der Rückkehr von seinem USA-Aufenthalt nach Europa, hatte Salvador Dalí bereits sein Projekt zur Erneuerung der religiösen Kunst ausgearbeitet, das zum Teil von Renaissance-Künstlern (Raffael und Leonardo) inspiriert war und als Grundlage für die Niederschrift des »Manifeste mystique« (1951) diente. Mit diesem Werk, das aus Zeichnungen und einem Text (in französischer und lateinischer Sprache) besteht, distanzierte sich Dalí von den Idealen der französischen surrealistischen Bewegung, insbesondere auch von André Breton (1896–1966). Seine Vorstellung war es, eine neue Kunst zu schaffen, deren mystisch-ekstatische Grundlagen von Ramon Llull, Raimund von Sabunde (ca. 1385–1436), den spanischen Mystikern — wie Johannes vom Kreuz (1542–1591), dem er verschiedene Gemälde widmete —, Juan de Herrera (1533–1597), dem Architekten von El Escorial (Klosterpalast von Philipp II.), Antoni Gaudí (1852–1926) sowie dem katalanischen Philosophen Francesc Pujols (1882–1962) inspiriert wurden.
Der katalanische Künstler und Dichter Perejaume (* 1957) hat in seinem bedeutenden künstlerischen Werk eine ganz eigene Sensibilität und Vision der Natur entwickelt. Dem Begriff des Ortes, der grundlegend mit der katalanischen Landschaft verbunden ist, misst Perejaume in seinen essayistischen Schriften eine enorme Bedeutung bei. Sein Dialog mit der katalanischen Tradition umfasst unter anderem Dichtungen von Jacint Verdaguer (1845–1902) — der poetische Versionen von Llulls »Llibre d’amice amat« [Das Buch vom Liebenden und Geliebten] verfasste —, die Malerei von Antoni Tàpies (1923–2012) und Joan Miró (1893–1983). In seiner Annäherung an die Figur Ramon Llulls schlägt Perejaume eine audiovisuelle Installation vor: einen mediterranen Wald mit rotierenden B.umen, traditionellen katalanischen Liedern, die auf Texten aus Ramon Llulls medizinischem Werk basieren, sowie anderen literarischen Werken des mallorquinischen Philosophen. Die Gesamtheit dieser Installation vermittelt die Idee der Dynamik der Natur und der Mechanik von Llulls »Ars«.
Portulankarten entstanden etwa in derselben Periode, in der Ramon Llull allmählich seine Variante der »ars combinatoria« entwickelte. Toskanische Kartographen entwickelten diese im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts und verbreiteten sie rasch als moderne Kulturtechnik der Navigation in den großen Hafenstädten Genua und Venedig, die selbst als Resultate von Vernetzungen entstanden waren. Von dort gelangten sie rasch nach Mallorca und Katalonien. Die Portulankarten dienten weder kirchen- noch anderen machtpolitischen Interessen. Hervorgegangen aus den »portolanos« (Lotsenhandbücher), zeichneten sie sich vor allem durch ihre hohe Nützlichkeit für die Seefahrt aus. Das besondere ästhetisch-technische Merkmal der Karten sind die Netze aus Rhombenlinien, die von den Windrosen ausstrahlen. Durch sie konnten die Seefahrer Richtungen und Distanzen ermitteln, die sie zum Steuern der Schiffe benötigten. Das besonders präzise gearbeitete Exemplar der Portulankarte des Mittelmeers ist ein späteres Exemplar. Es wurde 1550 von Bartolomeo Olivo auf Pergament gefertigt und gehört zum Raritäten-Bestand der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe.